Sollten wir nicht auf Ziele verzichten?
Hier die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen:
Trügt der Eindruck, oder sind aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise Klimaschutz-Bemühungen ins Hintertreffen geraten?
Der Eindruck trügt nicht. Da uns die Finanzkrise seit gut zwei Jahren in Atem hält, geht es auf politischer Ebene darum, sich bei konkreten Emissionsminderungen möglichst wenig festzulegen, auch auf europäischer Ebene. Allerdings sind die Emissionen derzeit aufgrund der Krise natürlich auch niedrig. Aber es geht ja darum, dass man Wirtschaftswachstum voranbringt und entkoppelt vom Energieverbrauch.
Spielen Sie da auf die wieder zurückgezogenen Überlegungen der EU-Kommission an, das 20 Prozent Treibhausgas-Minus bis 2020 auf 30 Prozent auszuweiten?
Ja. Vorrangiges Ziel ist derzeit, aus der Krise herauszukommen, und das mit konkreten Investitionen in grüne Technologien. Klimapolitik wird nun nicht mit konkreten Emissionsminderungszielen betrieben, sondern eher durch den Umbau des Energie- und Mobilitätssystem hin zu mehr Nachhaltigkeit.
Und wie beurteilen Sie das?
Nun, das muss kein Nachteil sein. Wir wissen, dass fossile Energien, insbesondere Öl, knapper und teurer werden. Jede Volkswirtschaft ist gut geraten, Energie einzusparen und wegzukommen von fossiler Energien. Das spart Kosten und ermöglicht so den Umbau des Energie und Verkehrssystems. Wir benötigen einen höheren Anteil erneuerbarer Energien, zudem müssen die Netze ausgebaut und intelligenter werden, zudem sollten mehr klimaschonende Antriebsstoffe eingesetzt werden. Genau in diese Bereiche sollte investiert werden.
Also nach dem Motto: Never waste a good crisis?
Genau. Wir müssen drei Krisen mit einer Klappe schlagen: die Wirtschafts-, Energie- und Klimakrise. Die „grünen Märkte“ ermöglichen unglaubliche Gewinn- und Absatzchancen. Viele Unternehmen haben dies bereits erkannt und investieren in die grünen Märkte. Viele Konjunkturprogramme haben gezielt Gelder für den Ausbau der grünen Technologien bereit gestellt. China hat 40 % Südkorea sogar über 80 % seiner Gelder für den Ausbau der grünen Technologien investiert.
Sehen Sie das in Europa auch so?
Ja. Europa hat konkrete Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien, zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie zum Ausbau der klimaschonenden Technologien und Energienetze vorgegeben und hat auch Gelder im Rahmen der Konjunkturprogramme dafür bereitgestellt. Man muss nun optimistisch in die Zukunft sehen, die Wirtschaftskrise kann durch die Investitionen in die richtigen Zukunftsmärkte überwunden werden.
Ihr Optimismus in Ehren – aber gerade zur Zeit wird in Deutschland Photovoltaik-Förderung zurückgenommen.
Die Photovoltaik in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte und typisch dafür, was mit den entsprechenden Wirtschaftsprogrammen bewirkt werden kann. Diese Technologie ist mittlerweile weltweit gefragt und für Deutschland ein Exportschlager. Die Kosten sind somit stark gesunken, sodass die Förderung reduziert werden kann. Und genau deshalb ist das Instrument zur Förderung erneuerbarer Energien ja auch so erfolgreich: es geht nicht um Dauersubventionierung, sondern um eine zielgerichtete und effektive Förderung. So etwas brauchen wir nun auch für neue Antriebsstoffe im Bereich Mobilität.
Wie beurteilen Sie da die Chancen, beim Weltklimagipfel in Cancun im Dezember zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen?
Ich glaube nicht, dass es unter den derzeitigen Bedingungen zu einem globalen Abkommen zur Emissionsminderung kommen wird. Jedes Land wird erst einmal seine eigenen Ziele zum Umbau des Energiesystems und nachhaltiger Mobilität setzen. Also kein Ansatz „von oben“ (Top Down), sondern „von unten“ (Bottom up), aber so kann auch sehr effektiv Klimaschutz betrieben werden.