Der Diesel-Skandal nimmt immer größere Außmasse an, und es werden immer mehr Fragen gestellt. hier ein paar Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen
– Ist die Dieseltechnologie wirklich so schlecht, wie sie gegenwärtig politisch ideologisiert wird?
Der gegenwärtige Einsatz der Dieseltechnologie für den motorisierten Individualverkehr ist nicht zukunftsfähig. Die Abgaswerte selbst modernster Diesel PKW, die eigentlich die strengen Euro 6 Grenzwerte erreichen müssten, übersteigen diese im realen Betrieb um bis zu ein sechs Faches! Etwa 70 % aller Stickoxide des Straßenverkehrs kommen von PKWs! Nur mit dem von Einsatz entsprechender Software konnten in der Vergangenheit die Einhaltung der Stickoxid- Werte vorgegaukelt werden. Wenn die strengen Stickoxid- und Feinstaubemissionen bei den modernen, übermotorisierten und schweren Fahrzeugen eingehalten werden sollen, steigen Verbrauch und damit die CO2 Emissionen. Somit ist die Diesel -Technologie keine zukunftsweisende Technologie, die Umweltschutz- und Klimaschutzziele und Energiewende- Ziele zusammen dauerhaft wird erfüllen können.
– Welche Fakten sprechen für den Diesel im Gütertransport, mit denen negativ belastete Mythen widerlegt werden können? Und trifft es zu, dass die Lkw-Diesel tatsächlich „sauberer“ sind als die Pkw-Diesel?
Selbst modernste Diesel-PKW stoßen im realen Betrieb mehr Stickoxide aus als Lastwagen und Busse. Jüngste Studien haben erneut bestätigt , dass moderne LKWs im Durchschnitt nur etwa die Hälfte an Stickoxiden ausstoßen als PKWs. Etwa 12 % der Stickoxidemissionen des Straßenverkehrs werden durch den Schwerlastverkehr getätigt. Somit ist kurzfristig gesehen der Diesel LKW nicht das Hauptproblem für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte. Mittel- bis Langfristig benötigen wir aber ebenso klimaschonende Antriebstechnologien für den Güterverkehr.
– Trifft es zu, wie der „Focus“ im Juli berichtete, dass die Stickstoffdioxidgrenzwerte am Arbeitsplatz mit maximal 950 Mikrogramm pro Kubikmeter gut 20 Mal höher sein können als was für den Straßenverkehr zulässig sei?
Arbeitsplätze mit hohen Stickoxiden sind eher selten, treten vor allem dort auf wo Verbrennungsprozesse mit hohen Temperaturen stattfinden, etwa bei Schweißarbeiten oder wo mit Diesel-Baumaschinen intensiv gearbeitet wird. Die maximal zu tolerierende Belastungen sind für einen begrenzten Zeitraum für gesunde Menschen ausgelegt, daher sind sie höher. Sie können jedoch nicht verglichen werden mit einer Dauerbelastung, denen alle jederzeit ausgesetzt sind; somit auch Kranke, Kleinkinder und ältere Menschen rund um die Uhr. Es gibt nachgewiesener Maßen Kurzzeit- und Langzeitfolgen durch Stickoxidbelastungen. Dazu gehören Lungenerkrankungen, Diabetes und erhöhtes Risiko von Schlaganfall sowie erhöhte Sterblichkeit. Die Weltgesundheitsorganisation hat somit bestimmte Grenzwerte für alle Menschen ausgesprochen, um diese Krankheitsrisiken zu vermindern.
– Gibt es realistische Langzeitmesswerte im Straßenverkehr, denn die Dieselqualität wurde ja im Lkw-Bereich in den letzten zwei Jahrzehnten enorm verbessert?
Das Umweltbundesamt tätigt derartige Langzeitmessungen. Es zeigt sich, dass die Jahresmittelwerte der Stickstoffdioxidemissionen bis Ende der 1990 iger Jahre abgenommen hat, danach sind sie stagniert. Ab 2010 überschreiten in erster Linie durch die Zunahme der Diesel-PKW die Stickstoffdioxidkonzentrationen an weit über die Hälfte aller verkehrsnahen Standorten die einzuhaltenden Grenzwerte.
– Durch welche Maßnahmen ließen sich die Abgaswerte, vor allem die kritisierten Stickoxide, weiter reduzieren?
Kurzfristig sollten alte, emissionsintensive Diesel Fahrzeuge vor allem nicht mehr in den Ballungsräumen fahren. Die Einführung der blauen Plakette kann dies sicherstellen. Der Dieselsteuersatz sollte dem des Benzin angeglichen werden. Die Abschaffung der indirekten Subventionierung des Diesels würden bis zu 8 Mrd. Euro Einnahmen generiert werden, mit denen man saubere Fahrzeuge, wie Elektroautos, Infrastruktur, Pedelecs oder Elektrobusse fördern sollte. In den Städten sollte der Fuß-, Fahrrad und öffentlicher Verkehr viel stärker ausgebaut werden.
– Wie zukunftssicher ist die Dieseltechnologie wirklich?
Wenn man die Umweltschutz- sowie die Klimaschutzziele erreichen will und zudem die Energiewende erfolgreich umsetzen will, werden konventionelle Dieselfahrzeuge mittelfristig, d.h in 20-30 Jahren, keine Rolle mehr spielen können. Strom aus erneuerbaren Energien wird zukünftig Elektro-Fahrzeuge antreiben und zur Herstellung von Kraftstoffen wie Wasserstoff oder synthetisches Gas (Power to Gas) eingesetzt werden.
– Gibt es realistische Alternativen, um perspektivisch den Diesel als Antriebstechnologie für den Gütertransport zu ersetzen?
Der Gütertransport der Zukunft ist emissionsfrei und klimaschonend. Erneuerbare Energien produzieren sauberen Strom, der für den Transport eingesetzt werden wird. Im Güterverkehr wird der Schienenverkehr wichtig sein, sowie Elektro-LKWs fahren, die auf den Haupt-Transitrouten durch Strom-Oberleitungen angetrieben werden. Zudem werden weitere Kraftstoffe wie Wasserstoff oder synthetisches Gas zum Einsatz kommen.
– Wo sehen Sie politischen Handlungsbedarf, für einen wissenschaftlich-sachlichen Umgang mit dem Diesel?
Das Eigentliche am Diesel- Skandal ist ja, dass wissenschaftliche Erkenntnisse über Jahre hinweg ignoriert wurden. Schon lange vor der öffentlichen Sichtbarmachung der nicht Erfüllung Grenzwerten haben duzende Experten und Studien darauf hingewiesen. Zudem wurde eine Software wissentlich von einigen Autokonzernen eingesetzt und die Politik hat durch gezieltes Wegschauen und vielschichtigem Versagen über Jahre hinweg diese Praxis toleriert und hat so enorme Klimaschutz- und Gesundheitskosten in Kauf genommen. Der politische Handlungsbedarf liegt nun darin, diesen Skandal ordentlich aufzuarbeiten, die engen Verbindungen von Politik und Autoindustrie abzuschaffen und transparente und unabhängige Verfahren für die Messung der Grenzwerte einzuführen. Zudem muss die Energiewende mit der Verkehrswende her zusammen umgesetzt werden. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wird ein Strom-basiertes Mobilitätssystem notwendig, welches auf Elektromobilität sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene und klimaschonende Antriebstechnologien basiert, welche als Strom- Langfristspeicher dienen werden.