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Welche Bedeutung hat die Ostsee-Pipeline für die Energieversorgung Europas?
Nord Stream stärkt die Versorgungssicherheit in der EU. Die eigenen Gasvorkommen in Europa gehen mittelfristig zur Neige, insbesondere in Norwegen, den Niederlanden und Großbritannien. Deshalb brauchen wir dringend neue Pipeline-Verbindungen. Je stärker wir diversifizieren, je vielfältiger unsere Energieversorgung also ist, desto besser. Nord Stream ist dabei nur ein Baustein, die Nabucco-Pipeline in Südosteuropa ein weiterer. Zudem sollte Deutschland und die EU stärker auf Flüssiggas-Importe setzen.
Flüssiggas wird mit Schiffen transportiert, dafür braucht es geeignete Häfen mit den entsprechenden Anlagen.
Richtig, deshalb sollte Deutschland auch noch einmal überlegen, ob nicht in Norddeutschland ein Flüssiggas-Terminal gebaut werden sollte. Es ist bedauerlich, dass ein erster Vorstoß, ein solches Projekt in Wilhelmshaven zu realisieren, gescheitert ist.
Warum ist es so wichtig, die Energieversorgung auf ein möglichst breites Fundament zu stellen?
Um zu große Abhängigkeiten von nur einem Lieferland zu vermeiden, etwa von russischem Gas. Dann wäre man zu sehr möglichen Energiepreisschocks oder Angebotsunterbrechungen ausgeliefert. Denken Sie an die russisch-ukrainischen „Gaskriege“. Diversifizierung erhöht SOMIT die Versorgungssicherheit. Auch in dieser Hinsicht ist der Ausbau der Flüssiggas-Importe attraktiv.
Die meisten Länder, aus denen Europa sein Erdgas bezieht, gelten nicht gerade als Hort ökonomischer und politischer Stabilität: Kasachstan, Turkmenistan, Algerien…
BISHER HABEN SIE OHNE PROBLEME GELIEFERT. MEHR SORGEN WÜRDE ICH MIR BEI DEM IRAN MACHEN. Umso wichtiger ist es, dass wir diversifizieren! Tatsache ist aber auch, dass sich Europa angesichts der Vielzahl der Anbieter in einer komfortablen Position befindet. Derzeit gibt es sogar ein Überangebot an Erdgas, zumal die USA inzwischen weitere eigene Erdgasvorkommen erschlossen haben.
Dennoch: Ist es angesichts der Unsicherheiten auf der Anbieterseite überhaupt sinnvoll, so stark auf Erdgas als Energieträger zu setzen?
Ja! Gas wird ZUDEM DEUTLICH an Attraktivität gewinnen. Es ist klimafreundlich und lässt sich DURCH DIE DEZENTRALE Kraft-WärMe-Kopplung gut mit erneuerbaren Energien kombinieren. Auch im Heizbereich gewinnt es im Wettbewerb mit dem knapper und teurer werdenden Öl immer größere Marktanteile. Selbst im Individualverkehr verdienen Gasfahrzeuge eine Chance. Man sollte über eine stärkere Förderung nachdenken, da Elektroautos erst in einem Jahrzehnt marktreif sein werden.
Zurück zur Ostsee-Pipeline. Sie sagen, der Bedarf an zusätzlichem russischen Gas sei vorhanden. Warum aber musste man die Leitung im Meer verlegen?
Musste man nicht. Eine Verbindung über Land wäre sogar deutlich preiswerter gewesen. Es hätte auch weniger Umweltschäden gegeben. Aber Gazprom und die beteiligten westeuropäischen Energieunternehmen wollten offenbar eine möglichst unabhängige Direktverbindung schaffen. Da eine Pipeline durch das Baltikum und Polen eine Transitverbindung über EU-Gebiet darstellt, wären Lieferprobleme jedoch ausgeschlossen.
Polen und Balten sind entsprechend enttäuscht über das Vorgehen der Westeuropäer. Sie fühlen sich ausmanövriert.
Das ist durchaus nachvollziehbar. Andererseits gibt es keinen Grund zu vermuten, dass die Ostsee-Pipeline die EU energiepolitisch spalten könnte. Von der Anlandestation auf deutscher Seite bei Greifswald soll es Zweigleitungen nach West- und Osteuropa geben.
Immerhin planen Polen und Balten ein eigenes Atomkraftwerk…
Ja, aber das ist keine energiepolitische Antwort auf die Ostsee-Pipeline. Diese Staaten sorgen sich genau wie alle anderen Staaten um ihre eigene Versorgungssicherheit. Polen setzt auf Kohle und nun auch auf Kernkraft, um nicht zu stark von Energieimporten abhängig zu sein. Schade, dass dort den erneuerbaren Energien bisher so wenig Beachtung geschenkt wird.