Das Desetec Projekt ist eines der wichtigsten Energieprojekte der Zukunft, diese Fragen werden immer wieder gestellt. Hier die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
1) Die Kosten oder Investitionen von Desertec werden auf 400 Mrd. Euro geschätzt. Oft kommt es jedoch zu Kostenexplosionen bei Großprojekten wie auch beim Fusionsreaktor ITER. Für wie aussagekräftig halten Sie die Zahl? Ist das eine „politische Zahl“, die klein gerechnet wurde?
Ich denke, dass es erst eine Kostenschätzung geben kann, wenn man genau weiß, in welcher Größenordnung wann wo und welche Kraftwerks- und Leitungskapazitäten gebaut werden können und sollen. Desertec ist derzeit an einem sehr frühen Stadium und beginnt nun mit der Ausarbeitung von Machbarkeitsstudien verschiedener Szenarien. Zunächst geht es darum, die politischen Grundlagen zu schaffen, die Länder an Bord zu bekommen, die Kooperation mit der EU auszubauen und die Regulierungs- und Finanzierungsfragen zu klären. Solarthermische Kraftwerke in Afrika sollten zunächst dazu genutzt werden, die Energieversorgung in Afrika sicherzustellen. Die Lieferung von Strom nach Europa ist dann der nächste Schritt. Der Infrastrukturausbau hängt nicht nur von Kosten ab, sondern auch von der Regulierung und der Kooperation zwischen den Ländern.
2) Die Übertragung des Stroms von Nordafrika hin zu den europäischen Verbrauchern gilt als Schlüsselproblem.
Technisch ist Vieles machbar. Ein Projekt wie Desertec ist ein Generationenprojekt. Technologischer Fortschritt wird zum einen die problemlose Stromübertragung auch auf lange Distanzen ermöglichen. Zum anderen glaube ich aber ebenso, dass man in Punkto Stromspeicherung in einigen Jahrzehnten deutlich weiter sein wird. Dies bedeutet, dass man auch Energie dezentral und vor Ort speichert und nutzt, sodass der großflächige Bedarf nach einem Energietransport über derart große Distanzen vermindert werden wird. Dennoch sind die Energieversorgung aus Solarenergie und der Energieverbund von Südeuropa und Nordafrika von besonderer Bedeutung. Ein Projekt wie Desertec ist ein hervorragender erster Schritt in die richtige Richtung.
3) HGÜ-Übertragungsleitungen sind besonders teuer. Welche Leitungskapazität bräuchte man, um 15% der europäischen Energienachfragen zu decken?
Die Leitungskapazität hängt davon ab, in welcher Größenordnung man Strom nach Europa transportieren möchte. Ob dies gleich zu Beginn 15 % des Strombedarfs in Europa sein werden, muss geklärt werden. Die Kosten für derartige Leitungen werden im Zeitablauf auf jeden Fall deutlich sinken. Wir benötigen einen derartigen Stromaustausch ja nicht nur in Südeuropa und Nordafrika, sondern in ganz Europa, auch in Verbindung mit Nordeuropa. Desertec ist ein Baustein hin zu einer Vollversorgung Europas mit erneuerbaren Energien. Aber das dauert mindestens eine Generation.
3) Ist es erstaunlich für Sie, dass die Initiative für Desertec (und die Vision) von privaten Unternehmen kommt und nicht von Politikern, die das Vorhaben eher nüchterner betrachten?
Nein, nicht erstaunlich, sondern folgerichtig. Die Vision der Vollversorgung Europas mit erneuerbaren Energien ist nicht neu, sondern mindestens 25 Jahre alt, wenn nicht sogar noch älter. Verschiedenste Politiker haben solche Szenarien in der Vergangenheit immer wieder vorgeschlagen, insbesondere die Grünen. Doch erst durch die Beteiligung von privaten Unternehmen hat das Projekt die notwendige Ernsthaftigkeit bekommen. Denn in der Tat ist der Zweitpunkt gekommen, wo Unternehmen sich langfristig orientieren und die Wachstums- und Marktpotentiale der erneuerbaren Energien entdecken und aktiv umsetzen. Denn die Marktpotentiale der erneuerbaren Energien sind riesig, und die Unternehmen, die sich richtigerweise dahin orientieren, haben auch langfristig die Nase vorn. Es ist ein gutes Signal, dass kapitalstarke Unternehmen nun in dieses Projekt investieren. Wir benötigen insbesondere das private Kapital, um den Umbau des Energiesystems zu schaffen.
4) Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, bei politischen oder technischen Hindernissen?
Eher bei politischen. Es gibt so viele unterschiedliche Akteure, Gesellschaftsgruppen und Interessen. Zunächst geht es um die afrikanischen Länder, mit denen ein kluger außenpolitischer Dialog zu führen ist. Die bisherige Kommunikation des Desertec Konsortiums hat vergessen, dass es hier gesellschafts-, sozial-, und natürlich auch um energiepolitische Interessen geht. Europa muss die Kooperation, nicht die Konfrontation mit den Nordafrikanischen Staaten suchen. Dann müssen auch die Regulierungsfragen für die Infrastruktur geklärt werden, denn die Eigentümer derartiger Stromtransportwege haben wiederum eigene ökonomische oder politische Interessen, die zu Marktmacht und somit Monopol- statt Marktpreisen führen können, wie wir vom Europäischen Energiemarkt zur Genüge kennen. Die technischen Hindernisse sind zu bewerkstelligen. Die Unternehmen, die hier bereits Interesse bekundet haben, mitzuwirken, haben ausreichendes Know how und technisches Können.
5) Wie wichtig ist Desertec, um die zünftige Stromnachfrage der nordafrikanischen Ländern zu decken?
Sehr wichtig. Ich würde sagen, dass es darum auch zunächst gehen muss. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit liegt zunächst darin, dass die Nordafrikanischen Länder die Energieversorgung sichern, den Wohlstand steigern und somit auch sehr gute Voraussetzungen für politische Stabilität haben. Dann werden die energiepolitischen Kooperationen mit Europa langfristig stabil, verlässlich und dauerhaft sein.
6) Kann ein solarthermisches Werk in Zukunft (2050) die Grundlast oder einen Großteil davon decken?
Ja, das kann es ja schon heute in Wüstenregionen. Wichtig ist der Stromverbund, sodass in ganz Europa und Nordafrika dann die Energie genutzt werden kann, wenn Sie nachgefragt wird. Dazu muss der Energieverbund hergestellt werden, zudem hat die Energiespeicherung eine Schlüsselfunktion. Wenn die Infrastruktur ausgebaut und angepasst wird, zudem die Möglichkeiten der Energiespeicherung voll ausgeschöpft werden und deutlich verbessert werden, ist eine Grundlastversorgung problemlos möglich.