Durch den Unfall an der Ölplattform im Golf von Mexiko strömen noch immer riesige Mengen an Öl in die See und verursachen enorme Umweltschäden. Und sie führt dazu, dass die Energiepolitik der USA wieder stärker ins Blickfeld kommt. Zumindest das ist ein Gutes in dieser schrecklichen Situation.
Hier ein paar Antworten auf die am meisten gestellten Fragen:
Werden die Treibstoffpreise in Deutschland wegen der Ölkatastrophe vor der US-Küste steigen?
Das lässt sich schwer sagen. Der globale Ölmarkt ist noch immer recht entspannt, da wir gegenwärtig ein Überangebot an Öl haben. Da es keine Knappheit gibt, dürfte es somit keine Reaktion auf den Preis geben. Aber Öl genau wie andere Rohstoffe ist bei den Börsenhändlern und anderen Marktakteuren attraktiv. Daher reagiert der Preis höchst sensitiv. Zudem gerät die US-amerikanische Energiepolitik jetzt wieder in den Fokus. Entscheidend wird sein, was Amerika in punkto Öl und Ölförderung macht.
Wie wichtig ist dieses Ölfeld, auf dem die „Deepwater Horizon“ steht?
Global gesehen ist es kein besonders wichtiges Ölfeld. Der Ölverlust wird nicht global und auch nicht in den USA zu einer Ölknappheit führen. Pro Tag verbrauchen die Menschen etwas weniger 85 Millionen Barrel. Somit bewegt sich der Anteil eben dieser 5000 Barrel, die dort pro Tag ausfließen, im Promillebereich.
Gibt es trotzdem die Gefahr, dass andere Konzerne den Schaden durch die Plattform „Deepwater Horizon“ als Argument dafür nutzen, um zu behaupten, dass sie viel Öl verlieren und deswegen die Preise anziehen. Das ist doch ein gefundenes Fressen.
Der Ölpreis bildet sich an der internationalen Börse. Dabei gibt es natürlich psychologische Faktoren, die dafür sorgen, dass sich der Preis in eine bestimmte Richtung bewegt. Da wir keine physische Knappheit haben, sind das natürlich auch erwartete Preise, da wir wissen, dass das Öl in der Zukunft knapper und teurer wird. Soweit der Ölmarkt. Am Benzinmarkt spielt vor allem eine Rolle, dass es besonders in den USA nicht ausreichend Raffineriekapazitäten gibt. Das führt dazu, dass im Frühjahr und insbesondere vor den Ferien die Nachfrage nach Benzin steigt. Insbesondere die USA kaufen in Europa Benzin, sodass der Preis an der Rotterdamer Börse steigt. Und natürlich geben das die Konzerne sofort an die Autofahrer weiter, soweit sie das wegen des hohen Steueranteils können.
In Ihren Büchern schreiben Sie, die Mineralölkonzerne würden zu wenig in Raffineriekapazitäten investieren. Das hätten die Konzerne besonders während der Wirtschaftskrise versäumt. Warum werden diese Investitionen vernachlässigt, obwohl von einer steigenden Nachfrage ausgehen kann?
Offshore Ölfelder zu erschließen sind extrem teuer, das rentiert sich erst bei einem Ölpreis über 80 Dollar pro Barrel. Durch die Wirtschaftskrise ist der Ölpreis auf nahezu 30 Dollar pro Barrel gefallen. Bei einem solchen Preis lohnen sich weder der Ausbau der Raffineriekapazitäten noch die Erschließung neuer Ölfelder. Der Ölpreis ist nun zwar wieder auf über 80 Dollar gestiegen, aber der Bau von Raffinerien und die Erschließung von Ölfeldern dauern Jahre, bis zu einem Jahrzehnt. Zudem führt eine Knappheit an Raffinerien ja zu steigenden Preisen, und somit zu steigenden Gewinnen der Konzerne. Warum sollten die Konzerne freiwillig hohe Investitionen tätigen und sich der Möglichkeit berauben, hohe Preise zu verlangen?
Wegen der Ölkatastrophe hat bereits der Senator Arnold Schwarzenegger angekündigt, vor der kalifornischen Küste auf Bohrinseln zu verzichten. Wie wahrscheinlich ist es, dass neben Schwarzenegger noch andere Senatoren entscheiden, Offshore-Bohrungen zu verbieten?
Zumindest startet die Diskussion um eine sichere, bezahlbare und auch umweltschonende Energieversorgung. Das zumindest ist das Gute an der Katastrophe. Da wir allerdings bisher nahezu nichts unternommen haben, um vom Öl wegzukommen, brauchen wir die Ausweitung des globalen Ölangebots, um die weiter steigende Nachfrage zu decken. Wir brauchen vor allem auch die Offshore-Felder. Insofern glaube ich nicht, dass es großflächige Verbote geben wird, aber man wird die Förderung vor den Küsten mit höheren Sicherheitsauflagen versehen.
Sollte es in Zukunft trotzdem keine Erlaubnis mehr für neue Bohrinseln in den USA geben, was hätte das für Auswirkungen?
Für die amerikanische Energiepolitik würde das problematisch werden. Die Offshore-Anlagen gehören zu der dortigen Strategie, um unabhängiger von Ölimporten zu werden. Da setzt man auf Offshore-Anlagen, zudem will man die Ölfelder in Alaska erschließen- leider auch in Naturschutzgebieten.
Wie wichtig sind Offshore-Anlagen weltweit?
Wir brauchen diese Offshore-Anlagen schon jetzt, um die globale Ölnachfrage zu decken. Sie sind alternativlos. Die einfach zu erschließenden Ölfelder wie beispielsweise im arabischen Raum – haben ihr Fördermaximum bereits erreicht. Das heißt nicht, dass diese Ölquellen in den nächsten Jahren leer sind, aber sie sind in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr erweiterbar und werden langsam zur Neige gehen. Wir brauchen auch deshalb Offshore-Öl, weil stark wachsende Volkswirtschaften wie China und Indien immer mehr Ölnachfragen , die Ölnachfrage dort geradezu explodiert. Wir rechnen damit, dass die globale Ölnachfrage im kommenden Jahrzehnt von heute 85 Millionen Barrel pro Tag auf 100 Millionen Barrel pro Tag ansteigen wird. Um die derzeitige Ölproduktion von nahezu 85 Millionen Barrel auf 100 Millionen Barrel ansteigen zu lassen, brauchen wir alle konventionellen und nicht konventionellen Ölförderungen, wie zum Beispiel Teersande in Kanada. Leider, muss man sagen, denn wir hätten vor 15 Jahren beginnen müssen, um uns vom Öl zu verabschieden.
Ist die Ölkatastrophe vor der amerikanischen Küste ein Rückschlag für die Offshore-Technologie, oder wird man sie bald wieder vergessen haben?
Man hat auf jeden Fall gesehen, dass die Tiefsee Ölförderung nicht nur eine kapitalintensive sondern auch eine riskante Technologie ist. Das bedeutet, dass die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden müssen. Die Technologie wird schon lange genutzt und ist beherrschbar. In Norwegen beispielsweise bohrt man seit Jahrzehnten so tief und hat entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Ich glaube aber trotzdem, dass das es ein Warnschuss ist und wir verstehen müssen, dass wir wegkommen müssen vom Öl und Alternativen voranbringen müssen.
Was sind aus Ihrer Sicht die Alternativen besonders im Hinblick auf den Individualverkehr?
In den nächsten Jahren brauchen wir einen höheren Anteil an Erdgasfahrzeugen und Biokraftstoffen. Zudem müssen wir auch andere Antriebsstoffe wie Wasserstoff und Methan nutzen, zudem in einem Jahrzehnt auch Elektrofahrzeuge. Zudem müssen wir die nachhaltige Mobilität fördern – gerade in Ballungsräumen den ÖPNV und den Schienenverkehr stärken und die Vernetzung von einzelnen Transportsysteme optimieren.