Die Zeitung „Die Welt“ veröffentlichte am 10.12.2009 eine Berechnung des Rheinisch Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), wonach die deutschen Verbraucher insgesamt mit 35, 1 Mrd. Euro im Jahr für Klimaschutz belastet werden, pro Haushalt somit 877 Millionen Euro zahlen müssten. Das RWI bezeichnete als Ausgaben für den Klimaschutz die Ökosteuer (17,4 Mrd.), den Emissionsrechtehandel (7,5 Mrd.) und die die Ausgaben für die erneuerbaren Energien mit jährlich rund 9 Mrd. Euro. Zudem würden wir pro Jahr 700 Euro für Biokraftstoffe und 500 Millionen für Kraft Wärme Kopplung zahlen.
Es ist richtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt. Doch klug angelegter Klimaschutz entlastet die Bürger sogar und schafft Arbeitsplätze und Wohlstand. Klimaschutz ist der Weg aus der Wirtschaftskrise.
Doch schauen wir doch die Berechnungen der Klimaschutzkosten des RWI genauer an: Es ist richtig, dass sich die jährlichen Einnahmen der Ökosteuer sich insgesamt auf etwa 19 Mrd. Euro belaufen. Richtig ist aber auch, dass es sich bei der Ökosteuer um eine –nahezu- aufkommensneutrale Steuer handelt: 16,7 Mrd. Euro werden zur Entlastung der Rentenbeiträge gezahlt. Oder anders gesagt: ohne die Ökosteuer würden die Bürger in Deutschland 16, 7 Mrd. Euro mehr für die Rente zahlen. Im Saldo belastet die Ökosteuer daher die Menschen in Deutschland um jährlich 2,6 Mrd. Euro. Man mag es gut oder schlecht finden, dass die Gelder der Ökosteuer für die Rentenbeiträge und nicht für den Klimaschutz eingesetzt werden, dennoch sollte den Ansatz der Aufkommensneutralität nicht verschwiegen werden und somit die korrekte jährliche Belastung genannt werden. Insgesamt gesehen ist die Ökosteuer eher dahingehend zu kritisieren, dass sie gerade als Klimaschutzinstrument versagt hat. Mit eben dieser Steuer wurde nur ein sehr kleiner Teil der relevanten Emissionen reduziert, nur ca. 3 % der jährlichen Emissionen können überhaupt durch die Ökosteuer vermindert werden. Der Grund liegt darin, dass nahezu alle energieintensiven Bereiche von der Steuer ausgenommen werden. Zudem ist der Steuersatz zu gering, als dass der Straßenverkehr oder der Stromverbrauch durch die Steuer vermindert werden würde. Im Gegenteil, sowohl der Stromverbrauch als auch der Straßenverkehr haben in den vergangenen Jahren zugenommen.
Der Emissionsrechtehandel ist rein theoretisch ein effizientes Instrument des Klimaschutzes, wenn alle Treibhausgase und Sektoren einbezogen werden würden. In Europa gilt der Emissionsrechtehandel nur für die Sektoren Energie und Industrie, der Preis für die Emissionszertifikate liegt derzeit bei ungefähr 15 Euro pro Tonne CO2. In der Tat sind im Bereich der Energieerzeugung die Emissionen aufgrund gestiegener Stromnachfrage im vergangenen Jahr gestiegen, nicht gefallen. Der Zubau der erneuerbaren Energien hat im Rahmen der Stromherstellung 70 Millionen Tonnen vermieden. Auch durch den Einsatz von Kraft Wärme Kopplung konnten die Emissionen zudem weiter vermindert werden. Durch den Zubau von Steinkohlekraftwerken wurden diese Effekte jedoch überkompensiert. Selbst wenn man annehmen würde, dass im Extremfall die gesamten 111 Millionen Tonnen CO2 für die zusätzlich entstandenen Emissionen durch Emissionszertifikate hätten zusätzlich erworben werden müssen, würden bei einem derzeitigen Zertifikatepreis von ca. 15 Euro pro Tonne CO2 maximal knapp 1,7 Mrd. Euro zusätzliche Kosten entstehen. Im Bereich Industrie sind knapp 4 Millionen Tonnen CO2 im vergangenen Jahr vermindert worden. Wenn man annehmen würde, dass auch diese Emissionszertifkate am Markt hätten erworben werden müssen, würde sich die Belastung auf knapp 1,8 Mrd. Euro erhöhen. Ob diese tatsächlich auf den Strompreis überwälzt wurden, ist schwer zu beziffern. Selbst wenn, bleibt unverständlich, warum die jährliche Mehrbelastung vom RWI mit 7,5 Mrd. Euro ausgewiesen wird.
Es ist allerdings richtig, dass die Förderung der erneuerbaren Energien derzeit jährlich knapp 9 Mrd. Euro kosten. Bei vermiedenen Emissionen von 70 Millionen Tonnen im Jahr sind die Kosten mit ca. 128 Euro pro vermiedene Tonne CO2 zugegebenermaßen hoch. Diese Belastungen werden in Zukunft jedoch geringer ausfallen, denn zukünftig werden nur die Differenzkosten, d.h. die Differenz zwischen Vergütungssatz und Börsenstrompreis, dem Verbraucher in Rechnung gestellt. Da die Börsenpreise steigen werden, werden die Belastungen geringer. Doch auch schon heute kann die Zusätzliche Menge Windstrom den Börsenpreis senken lassen, da sich an der Börse der Preis durch das teuerste Grenzkraftwerk bildet, welches durch Windstrom verdrängt wird. Somit kann die zusätzliche Menge an Strom aus erneuerbaren Energien die Strompreise sogar senken lassen- wenn denn ausreichend Wettbewerb bestehen würde. Zudem ist der Ausbau der Stromnetze dringend geboten.
Wenn man sich anschaut, wo im vergangenen Jahr tatsächlich der größte Teil der Emissionen vermieden wurde, so ist dies der Bereich der privaten Haushalte. Durch die Energieeinsparverordnungen, die gezielte finanzielle Unterstützung von Gebäudesanierungsprogrammen und die Bereitstellung zusätzlicher Fördergelder in Höhe von 1,5 Mrd. Euro jährlich werden insbesondere in diesem Bereich die Anstrengungen zum Klimaschutz sichtbar.
Und das ist auch genau der richtige Weg: durch die Verbesserung der Energieeffizienz, insbesondere im Gebäudebereich, aber auch in den Bereichen Mobilität und Industrieprozesse schlummern noch immer ungeahnte und vor allem preisgünstige Möglichkeiten des Klimaschutzes. Insbesondere der Mittelstand hat in Deutschland noch große Potentiale zur Energieeffizienzverbesserung. Durch eine starke Verbesserung der Energieeffizienz kann die deutsche Volkswirtschaft um bis 23 Mrd. Euro im Jahr entlastet werden!
Wenn nun in der Summe zur Bewertung der Klimaschutzkosten man alle kostenintensiven Maßnahmen hinzunimmt, würden die jährlichen Kosten für die Verbraucher auf maximal 15 Mrd. Euro ansteigen- schlappe 20 Mrd. Euro weniger als RWI angibt. Das wären Pro Jahr und Haushalt ca. 385 Euro oder knapp 1,10 Euro pro Tag und Haushalt bzw. 50 Cent für jeden Bürger am Tag. Richtig angelegt, kann jeder Haushalt aber Energiekosten von mindestens 560 Euro im Jahr pro Haushalt sparen! Langfristig werden die Kosten des Klimawandels ohnehin zunehmen, die Kosten des Klimaschutzes sind eindeutig geringer als die Kosten des Klimawandels.
Es ist darum unverständlich, warum sehr einseitig ausschließlich die Kosten des Klimaschutzes übertrieben hoch dargestellt werden. Sicherlich macht es Sinn, auf die Kosteneffizienz hinzuweisen und immer wieder eine Kostensenkung und –optimierung einzufordern. Diese Kosten sind allerdings – anders als die Schäden des Klimawandels, welche als „versunkene Kosten“ der Volkswirtschaft entzogen werden- volkswirtschaftlich gesehen wachstums- und wohlstandssteigernde Investitionen. Wenn wir die notwendigen Investitionen jetzt tätigen, schlagen wir drei Fliegen mit einer Klappe: die Wirtschafts- die Energie- und auch die Klimakrise. Selbst ohne Klimawandel müssen wir uns verabschieden von den immer knapper und teurer werdenden fossilen Ressourcen wie Öl und später auch Gas. Sicherlich werden wir in den kommenden Jahrzehnten unsere Energieversorgung auch auf fossile Energien basieren müssen, der Wandel muss aber jetzt eingeleitet werden, um ihn überhaupt bewältigen zu können. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.